Diffusion

Diffusion

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Dif|fu|si|on 〈f. 20; unz.〉
3. die auf der Wärmebewegung (brownschen Bewegung) der Moleküle beruhende, selbstständige Vermischung von Gasen, Lösungen od. mischbaren Flüssigkeiten
4. Prozess der räumlichen u. zeitlichen Ausbreitung einer fortschrittlichen Neuerung

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Dif|fu|si|on [lat. diffundere, diffusum = sich verbreiten, zerstreuen]: durch Brown-Molekularbewegung bewirkte spontane, allmähliche, bis zur vollständigen Einheitlichkeit führende, irreversible Vermischung der Teilchen (Atome, Moleküle, Ionen, Kolloidteilchen) von untereinander in Kontakt stehenden gasförmigen, flüssigen oder festen Stoffen. Die durch Druck-, Temperatur- oder Konzentrationsunterschiede hervorgerufene, auch durch Grenzflächen, poröse Wände oder semipermeable Membranen hindurch erfolgende D. ist die Voraussetzung für Erscheinungen wie Osmose, Dialyse, Atmolyse u. verwandte Trennverfahren, für Migrationseffekte an Oberflächen u. allg. für den physiol. Stofftransport. Der sog. Diffusionskoeffizient D (Fick᾿sches Gesetzt) beträgt bei Gasen ca. 1 cm2/s, bei Fl. 10‒4 bis 10‒5 cm2/s u. bei Festkörpern < 10‒10 cm2/s.

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Dif|fu|si|on, die; -, -en [lat. diffusio = das Auseinanderfließen]:
1.
a) (Physik, Chemie) (von Gasen, Flüssigkeiten) Verschmelzung, gegenseitige Durchdringung;
b) (Physik) Streuung des Lichts.
2. (Bergbau) Wetteraustausch.

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Diffusion
 
[zu lateinisch diffundere, diffusum »ausgießen«, »ausströmen«, »sich verbreiten«] die, -/-en,
 
 1) Chemie, Physik: Bezeichnung für jeden mit einem Masse- und/oder Ladungstransport verbundenen physikalischen Ausgleichsprozess, in dessen Verlauf Teilchen (Atome, Moleküle, Aerosol- und Kolloidteilchen, Ionen u. a. Ladungsträger, besonders Elektronen und Defektelektronen in Halbleitern, sowie Neutronen in Kernreaktoren) auch gegen einwirkende Kraftfelder (Schwerkraft, elektrische Felder) infolge ihrer Wärmebewegung von Orten höherer Teilchendichte oder Konzentration zu solchen niederer Teilchendichte oder Konzentration gelangen, sodass allmählich ein Dichte- oder Konzentrationsausgleich erfolgt. Hervorgerufen werden Diffusionsvorgänge und a. durch Konzentrationsunterschiede (gewöhnliche oder Konzentrationsdiffusion), äußere Feldkräfte, Druck- (Druckdiffusion) oder Temperaturunterschiede (Thermodiffusion). So diffundieren zwei Gase ineinander, bis die Teilchen jeder Sorte gleichmäßig im Raum verteilt sind; dabei tritt der Diffusionsthermoeffekt (Dufour-Effekt) auf. Eine Diffusion von Teilchen tritt auch - etwa 105mal langsamer ablaufend - bei der Berührung mischbarer Flüssigkeiten und verschiedener konzentrierter Lösungen desselben Stoffes sowie (noch langsamer) in festen Körpern auf, auch als Oberflächendiffusion an deren Oberfläche, allgemein an der Grenze zweier Phasen (Grenzflächendiffusion). Die Diffusion von Ionen erfolgt im Allgemeinen langsamer als die neutraler Teilchen; in Plasmen ist eine ambipolare Diffusion zu beobachten, ein ähnlicher Vorgang auch an der Grenze unterschiedlich dotierter Halbleiter (Diffusionsspannung). Ein Ortsaustausch gleicher Teilchen, der z. B. durch radioaktive Isotope nachgewiesen werden kann, wird als Selbstdiffusion bezeichnet. Bei der Osmose und bei der Dialyse tritt eine einseitige Diffusion (Transfusion beziehungsweise Effusion) durch eine poröse Wand zwischen zwei Lösungen auf. Die Diffusion von Atomen in festen Körpern hat große Bedeutung bei metallkundlichen Vorgängen wie Wärmebehandlung von Stahl und Nichteisenmetallen, Aushärtung, Rekristallisation, Korrosion u. a. Die Diffusion erfolgt hierbei als Volumendiffusion über Platzwechselvorgänge im Kristallgitter, die über Zwischengitterplätze, Leerstellen oder im Ringtausch vor sich gehen, oder als Korngrenzendiffusion entlang der Korngrenzen eines vielkristallinen Metalls.
 
Bei den verschiedenen Diffusionsvorgängen diffundieren leichtere Teilchen wegen ihrer im Mittel größeren thermischen Geschwindigkeit schneller als schwere. Besteht der diffundierende Stoff aus verschieden schweren Teilchen, so kann durch die Diffusion eine teilweise Entmischung der Teilchen eintreten, was technisch zur Gas- und Isotopentrennung (Diffusionstrennverfahren) ausgenutzt wird, wobei oft viele Trennelemente hintereinander geschaltet werden.
 
Die Diffusion wird allgemein durch die beiden 1855 von A. Fick aufgestellten Gesetze beschrieben, die bei konstantem Druck und konstanter Temperatur gelten. Das 1. ficksche Gesetz lautet: Zwischen der räumlichen Änderung (dem Gradienten) der Teilchendichte n und der Diffusionsstromdichte j (das ist die pro Zeiteinheit infolge Diffusion durch eine Flächeneinheit hindurchtretende Stoffmenge) des als Diffusionsstrom bezeichneten Teilchenflusses gilt die Beziehung: j = —D grad n, d. h., der Diffusionsstrom erfolgt in Richtung abnehmender Dichte oder Konzentration. Der als Diffusionskoeffizient oder Diffusionskonstante bezeichnete Proportionalitätsfaktor D hat bei Gasen Werte in der Größenordnung 1 cm2/s, bei Flüssigkeiten Werte von etwa 10-4 cm2/s, bei Festkörpern im Allgemeinen Werte unterhalb 10-9 cm2/s. Für ideale Gase mit der freien Weglänge λ und der mittleren thermischen Geschwindigkeit v̅ ergibt die kinetische Gastheorie D =1/3 v̅ λ, während bei kolloidalen Teilchen D aus der Theorie der brownschen Bewegung folgt. - Aus dem 1. fickschen Gesetz und der Kontinuitätsgleichung div j + ∂n / ∂t = 0 (Erhaltung der Teilchenzahl) folgt als 2. ficksches Gesetz die partielle Differenzialgleichung 2. Ordnung (Diffusionsgleichung)n / ∂t = D Δn, deren jeweilige Lösung die Abhängigkeit der Teilchendichte vom Ortsvektor r und der Zeit t beschreibt (Δ = Laplace-Operator).
 
In der Biologie spielt die Diffusion bei vielen Lebensvorgängen eine wichtige Rolle. Sie ist einer der grundlegenden Prozesse beim inter- und intrazellulären Stofftransport und bei der Regulation des Wasserhaushaltes der lebenden Zelle sowie beim Gasaustausch bei Atmung und Photosynthese. Weitere Beispiele für Diffusionsprozesse sind u. a. Transpiration, Samenquellung, Nährstoffaufnahme der Pflanzen über die Wurzeln, die Exkretion wasserlöslicher Substanzen bei niederen Tieren. - Erleichterte Diffusion (katalysierte Diffusion) findet unter Mithilfe eines Trägermoleküls (Carrier) statt. Der in die Zellmembran integrierte Carrier (Protein) verbindet sich - analog einem Enzym-Substrat-Komplex - mit der zu transportierenden Substanz (z. B. D-Glucose) und schleust diese durch die Membran. Durch die begrenzte Kapazität des Carriers zeigt die erleichterte Diffusion im Gegensatz zur freien Diffusion Sättigungscharakter. Sie kann im Unterschied zum aktiven Transport nur bei Vorliegen eines Konzentrationsgefälles stattfinden.
 
 
W. Jost u. K. Hauffe: D. (21972).
 
 2) Finanzwissenschaft: Diffusionstheorie, theoretische Erklärung der Verteilung von Steuern über den Preisbildungsprozess (Steuerüberwälzung).
 
 3) Sozialwissenschaften: Diffusionsprozẹss, Vorgang der Ausbreitung und des Annehmens neuer Kulturelemente (Ideen, Wertvorstellungen, Informationen, Erfindungen, Produktionsverfahren, Produkte, Verhaltensmuster) innerhalb einer Gesellschaft oder eines gesellschaftlichen Teilbereichs. (Innovation, technischer Fortschritt, sozialer Wandel)
 
 4) Völkerkunde: Bezeichnung für die Ausbreitung von Kulturelementen und -erscheinungen. Kulturelle Innovationen oder Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Kulturen wurden von den Anhängern der Diffusionstheorie (Diffusionismus) in der Völkerkunde durch Entlehnungen erklärt, die von einem oder mehreren Diffusionszentren ausgegangen sein sollen. In modifizierter Form findet sich diese Anschauung in der Kulturkreislehre deutscher und österreichischer Ethnologen (L. Frobenius, Pater W. Schmidt, H. Baumann u. a.) wieder.
 
 
M. Harris: The rise of anthropological theory (New York 1968);
 W. E. Mühlmann: Gesch. der Anthropologie (21968, Nachdr. 1986).

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Dif|fu|si|on, die; -, -en [lat. diffusio = das Auseinanderfließen]: 1. a) (Chemie, Physik) (von Gasen, Flüssigkeiten) Verschmelzung, gegenseitige Durchdringung: Da also diese (= die Körper- und Gewebsflüssigkeiten) sofort gefrieren, ist eine D. von Substanzen ... nicht mehr möglich (Medizin II, 69); ich soll Literatur über die D. von heißem Helium durch Metalle sammeln (Springer, Was 21); b) (Physik) Streuung des Lichts. 2. (Bergbau) Wetteraustausch. 3. (bei der Zuckerherstellung) Auslaugung.

Universal-Lexikon. 2012.

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